|
|
Von der Bühne zum Film als Dramaturg kam auch Richard Oswald. Während die Vitascope mit der Projektions Aktien-Gesellschaft "Union", kurz PAGU genannt, in Verhandlung stand und zu Jahresbeginn 1914 fusionierte, arbeitete R. Oswald an einem zugkräftigen Filmstoff. "Was sagt Berlin? ,Der Hund von Baskerville` ist das raffinierteste Zugstück, das je im Film erschien!", verhieß die Reklame für die Premiere am 12. Juni 1914 in den beiden Union-TheaterLichtspielen in der Friedrichstraße und am Kurfürstendamm. An dem Zugstück war in der Kulissenwelt in Weißensee von einem jungen Team gearbeitet worden, das bald das Bild des deutschen Stummfilm mit prägen sollte. Karl Freund, damals gerade erst 23 Jahre alt und mit den ersten Erfahrungen als Spielfilmoperateur bei der Asta Nielsen/Urban Gad-Serie 1913/14 ausgerüstet, stand hinter der Kamera. Die Entwürfe für die Bauten stammten von Hermann Warm, Regie führte Rudolf Meinert, beide sollten fünf Jahre später auch am Caligari arbeiten. "Der Hund von Baskerville" wurde ein sensationeller Erfolg und mit dem bewährten Team, den Schauspielern Alwin Neuß, Friedrich Kühne und Hanni Weisse, begann man die Arbeit an einem z. Teil. Doch hinter der Kamera stand jetzt Werner Brandes. K. Freund hatte zu dieser Zeit schon seine "patriotische Pflicht" zu erfüllen. Der Krieg war ausgebrochen. Für Greenbaums Vitascope und P. Davidsons PAGU scheiterte ein gemeinsames Projekt mit der französischen Pathé-Frères. Noch im Juni 1914 war ein Vertrag im Gespräch, der auch die beiderseitige Nutzung der weitverzweigten Vertriebsnetze vorsah. Offensichtlich war für Pathé in Weißensee ein Standort vorgesehen. Beabsichtigte bauliche Veränderungen sowie die Errichtung eines Filmlagers waren bereits bei der Gemeinde beantragt. Doch mit dem Kriegsgegner Frankreich waren solche Gemeinsamkeiten nicht mehr zu verwirklichen, zumal alle Filme der gegen Deutschland im Krieg stehenden Länder aus den Kinos verschwanden.
Der Krieg bedeutete zunächst Verunsicherung auch für die Filmindustrie. Greenbaum schied noch 1914 aus der PAGU wieder aus. Mit seiner Neugründung, der Greenbaum-Film GmbH, übernahm er die Atelieranlage in Weißensee. Die aktuelle Marktlage zwang ihn, einen Teil der Räume an eine Firma Gebr. Schubert zu vermieten, für deren Produktion chemischer Erzeugnisse die Räumlichkeiten allerdings völlig ungeeignet waren. Der Protest von P. Köhler über ein vom Architekten Carl Drescher am 17. Mai 1916 ausgestelltes Gutachten zwang schließlich zur Einstellung der Produktion. Doch der Filmbildermarkt, ohne eine ausländische Konkurrenz, war nahezu unbegrenzt aufnahmefähig geworden und ließ die Produktion ansteigen. Schauspieler wie Alfred Abel, Ferdinand Bonn, Rudolf Schildkraut, alles Berliner Bühnenstars, waren jetzt in Weißensee vielbeschäftigt. Anna Müller-Lincke, Berlins populäre Komödiantin, spielte "Hampels Abenteuer", Claire Waldoff "Mieze Strempels Werdegang". R. Oswald drehte allein im Kriegsjahr 1915 elf Filme, darunter einen 3. Teil vom "Hund von Baskerville". Und noch eine weitere Spezialität kam aus dem Atelier der Greenbaum-Film GmbH in Weißensee: der Filmdetektiv Engelbert Fox, der seine Abenteuer in Filmen wie "Die verschleierte Dame", "Der Fund im Neubau" (2 Teile) oder "Die silberne Kugel" zu bestehen hatte.
|